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"Nenn die Wolke beim
Namen"

Autor: Lilly
Datum: 15.12.2021
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Nenn die Wolke beim Namen

Ich habe meine Wolke Gisela getauft. Gisela besucht mich ganz überraschend und immer ohne Einladung. Das tut sie gerne. Manchmal kündigt sie sich an, gibt sich zu erkennen schon aus der Ferne.
Gisela ist meine Depression.

Sie ist ein eher ungebetener Gast. Wenn sie will, dann klingelt und klopft sie an meine Tür, veranstaltet Lärm, Unruhe, Krach. Manchmal fällt sie mit der Tür ins Haus, doch oft liege ich sowieso schon wach. Wach von Zweifeln, Ängsten, Sorgen, die mich verfolgen und nicht aufhören. Gestern, heute morgen.
Giesela ist meine Depression.

Was so verrückt ist an Gisela, das ist ihr Wesen, ihre Erscheinung, ihre Präsenz. Auf der einen Seite so offensichtlich, auf der anderen Seite so unsichtbar. Diese Ambivalenz ist ihre Tücke. Mein Unwohlsein ist mir anzumerken, mal mehr, mal weniger. Drum beschließt ein jener mich zu bestärken mit den Worten „Lach doch mal! Du siehst so negativ aus“. Doch ist sich dieser jener nicht bewusst über den wahren Besucher, die dunkle Wolke Gisela in meinem Haus.
Gisela ist meine Depression.

Wenn ich vor dem Spiegel stehe, kann ich als einzige behaupten, dass ich Gisela sehe. Eine schwarze, dunkle Wolke die mir über dem Kopf hängt. Die mich verfolgt. Egal wohin ich gehe. Egal was ich mache. Die mich bedrängt. „Wie lange wird so wohl diesmal bleiben?“ frage ich mich. Eine Antwort, finde ich darauf doch nicht. Es fühlt sich an wie kiloweise Tränen, Schmerz und Zement. Einer Feuer aus Gefühllosigkeit das in mir brennt. Wenn ich doch wenigstens beim Namen nennen könnte, was mir fehlt, oder in Worte fassen könnte, wie es mir grade geht. Aber hey, was soll’s. Irgendwann klappt das schon.
Gisela ist meine Depression.